Alles dreht sich um Bücher!

Der Beruf der Buchhändlerin ist etwas sehr besonderes… Ich durfte im letzten Monat ja ein wenig reinschnuppern in diesen schönen Job und habe festgestellt, dass es wahnsinnig viel Spaß macht. Damit ihr auch einen Einblick bekommt, habe ich Steffi, die Inhaberin der Buchhandlung „Die Insel“ um ein Interview gebeten. Hier ist das Ergebnis.

Liebe Steffi,
ich durfte bei Dir ja vor Weihnachten einige sehr spannende Tage in Deiner Buchhandlung im Berliner Prenzlauer Berg „Die Insel“ zubringen. Zunächst einmal: Wie muss sich jemand, der Deinen Laden nicht kennt, Deine Buchhandlung vorstellen?

Steffi: Die Insel ist eine kleine, unabhängige Buchhandlung mit handverlesenem Sortiment. Bibliodiversität, Inspiration und ein individuelles (Beratung-)Gespräch spielen eine große Rolle. Gleichzeitig ist die Buchhandlung als ehemaliger volkseigener DDR-Betrieb ein historischer Ort, ein Original. Seine Atmosphäre erzählt etwas anderes als die designten neueren Läden im Prenzlauer Berg.

Warum heißt Deine Buchhandlung „Die Insel“? Was war der Grund für diesen verheißungsvollen Namen?

Steffi: Diesen Namen trug die Buchhandlung bereits seit 1990, als die Vorgänger sie von der Treuhand erworben haben. Damals eröffneten eine Menge Videotheken in der Greifswalder Straße und Astrid und Uwe betrachteten ihren Laden als „Insel der Kultur“. Als ich die Buchhandlung übernahm, habe ich sehr schnell gespürt, dass diese ein eigenes, von mir unabhängiges Wesen ist, dass ich zwar in Zukunft prägen werde, dass aber eben bereits ein Eigenleben und einen Charakter hat. Das hängt mit der Tatsache der Übernahme zusammen – ich war ja sozusagen die ersten 20 Jahre nicht dabei. Ich wollte dem Ort nicht seine gewachsene Geschichte nehmen und habe den Namen beibehalten.

Wie bist Du bisher durch die Krise gekommen?
Steffi: Sehr gut! Der Berliner Kultursenator Klaus Lederer wertete im März 2020 Buchhandlungen offiziell als „notwendigen Grundbedarf“ auf, so dass wir durchgehend öffnen durften. Der unabhängige Kiez- Buchhandel erlebte hier einen großen, wunderbaren, ermutigenden Zuspruch, so etwas wie ein Revival, das sich jetzt auch langfristig manifestiert. Wir sind damit in einer privilegierten Position, die so nicht die Regel ist:

In dreizehn Bundesländern hat der Buchhandel momentan geschlossen bzw. bietet nur Abholung und Lieferung an; unabhängige Verlage kämpfen in dieser Krise um ihre Existenz und ihre Programme; Autor*innen verlieren ihre Einnahmequelle durch Lesungen und werden aus der Künstlersozialkasse geworfen, weil sie Nebenjobs machen müssen, um über die Runden zu kommen. Und das sind nur kleine Einblicke in unsere Branche. Wir hoffen alle, dass die staatlichen Hilfen ausreichen werden. Aber am Berliner Sortimentsbuchhandel kann man ablesen, wie groß die Nachfrage nach dem Kulturgut Buch ist.
Im letzten März war der Wunsch unserer Kund*innen, beliefert zu werden, noch größer, so daß zwei uns verbundene Schülerinnen Fahrradlieferungen übernahmen (Danke Amelie! Danke Juli!). Momentan habe ich den Eindruck, dass die Menschen es genießen, im Buchladen zu stöbern und den vor-Ort-Kauf der Onlinebestellung vorziehen.

Wir achten streng auf Infektionsschutz, tragen seit April Mund-Nasen-Bedeckung, haben eine Scheibe an der Kasse und lassen nur drei Kund*innen in den Laden. Meine Kollegin Friederike und ich arbeiten möglichst jeweils alleine, damit das Ansteckungsrisiko auch zwischen uns minimiert ist.

Ich habe ja live erleben können, welches Wissen Du über Bücher, Autoren und Verlagsprogramme besitzt. Wie viele Bücher liest Du im Durchschnitt pro Monat? Und wo holst Du Dir Dein Hintergrundwissen her?
Steffi: Das zähle ich nicht mit. Ich liebe die Zurückgezogenheit und Einsamkeit des Lesens – es stellt nicht nur den stillen Gegenpol zur quirligen Betriebsamkeit des Ladens dar, sondern ist natürlich unsere eigentliche Arbeit.

Abgesehen vom Lesen von der ersten bis zu letzten Seite sichte ich aber auch gerne, liebe es zu blättern, Bücher in der Hand zu halten, lese gerne über Bücher, sei es in der Zeitung, im Internet oder auf Instagram – und höre genau zu, wenn mir Kund*innen Bücher empfehlen. Außerdem steht uns das wertvolle Arbeitsinstrument der Verlagsvorschau zur Verfügung, wir werden von Vertreter*innen besucht, über Neuerscheinungen per E-Mail informiert. Vernetzung spielt bei allen diesen Kanälen die zentrale Rolle. Und auf Kinderbücher habe ich auch einen differenzierteren Blick, seit ich meinem Sohn vorlese.
Fest steht: Es ist immer wieder beglückend und erfüllend, Entdeckungen zu machen. Immer wieder findet man Bücher, die einzigartig und unverwechselbar sind und die man unbedingt verkaufen möchte.

Welche Bücher wünschst Du Dir für das kommende Jahr?
Steffi: Die Frühjahrsprogramme sind voll von interessanten Titeln. Die Frage lautet eher, was man sich für die Bücher wünscht, mal abgesehen von der Tatsache, dass wir sie lesen und empfehlen. Es geht darum, in der momentanen Lage eine Öffentlichkeit für Literatur herzustellen. Da kann man als kleine Buchhandlung natürlich nur einen Bruchteil beitragen. Neben individueller Beratung betreiben wir einen Blog und sind aktiv auf Instagram.

Ich erdenke gerade u.a. ein Schaufenster mit dem Thema „An das Wilde glauben“, das als Aufhänger das beeindruckende Buch der französischen Anthropologin Nastassja Martin, das im März bei Matthes & Seitz erscheint, nimmt. Der Topos bietet Raum für weitere aktuelle Bücher. Auch der vom Mairisch Verlag initiierte Indiebookday am 20. März ist eine gute Gelegenheit, Titel aus unabhängigen Verlagen ins Rampenlicht zu stellen.

Wir sind ja nun ein Verlag für Reiseliteratur, reist du selbst auch gern? Und welche Bücher findest du zum Reisen besonders toll?
Steffi: Ich reise sehr gerne! Leider ist das Reisen nicht unbedingt optimal kompatibel mit der Inhaberschaft eines stationären Geschäfts. Tatsächlich war ich das letzte Mal im Jahr 2009, ein Jahr bevor ich nach Berlin kam, drei Wochen unterwegs, damals in Südindien. Seitdem habe ich mich mit kürzeren Reisen begnügt.

Allerdings gibt es immer auch viel Schönes und Wertvolles und oft Unbeachtetes in der Nähe zu entdecken, das haben wir glaube ich alle durch die Corona-Situation erfahren. Ich mag gut strukturierte, übersichtliche, kompetente Reiseführer. Und auch gerne mit speziellem Schwerpunkt. Es muß ja nicht mehr ALLES drinstehen, man kann Zusatzinfos im Internet recherchieren.

Ich finde auch bibliophile Reiseliteratur, mit der man sich genußvoll auf den Ort einschwingen kann, toll. Genauso auch Berichte und Bildbände über ungewöhnliche Reisen, die man so selber wohl nicht erleben wird und wo man mitfiebert. Manchmal bin ich vor Reisen allerdings total fixiert auf die Belletristik, die ich im Urlaub lesen will. Vor einigen Jahren sind wir nach Sardinien geflogen und ich habe vorher meine Leseliste mehrfach gewälzt und umgestellt und dabei glatt vergessen, einen Reiseführer einzustecken.

Welches ist Dein Sehnsuchtsziel?
Steffi: So sich die Situation entspannt, fahre ich im Sommer mit meiner Familie nach Schweden: In Göteborg wollen wir uns u.a. das Kunstmuseum anschauen, in Smaland haben wir ein kleines Haus im Wald am Fluß gemietet und auch Kopenhagen haben wir uns auf der Rückreise vorgenommen. Ein anderes Sehnsuchtsziel ist Japan. Oder San Franciso.

Liebe Steffi, herzlichen Dank für das Interview!

www.insel-buchladen.de
www.dieinselberlinblog.wordpress.com
Instagram: buchhandlung_insel_berlin