Wir haben es geschafft! Unsere Schule hat zugesagt, wir dürfen im Winter 2 Monate nach Afrika! Kenia und Tansania im Winter, was gibt es Schöneres? Einzige Bedingung: Wir müssen natürlich Unterricht machen. Also ist Homeschooling angesagt – aber wie macht man das am besten?

Die Vorbereitung

Unsere Kinder sind in der 3. und 4. Klasse, das bedeutet, dass da schon einiges an Unterrichtsstoff zusammenkommt. Aber als Autorin traue ich mir zumindest den Deutschunterricht zu, die Matheaufgaben kriege ich auch noch im Kopf gelöst und Sachkunde macht sogar Spaß. Englisch werde ich an meinen Gatten delegieren, der kann das eh viel besser als ich. Also, los geht’s!

Wie viel Unterricht bei 2 Monaten Reisezeit?

Zunächst mal eine Rechenaufgabe: Wir sind vom 18.12. bis 15.02. unterwegs, das sind 8 Wochen. Davon sind etwa 3 Wochen Ferien, bleiben 5 Wochen übrig. Unsere Kinder haben jeden Tag 6 Schulstunden, davon jeweils 3 Stunden Sport pro Woche, 5 Stunden fallen auf Kunst, Religion und Musik, macht 8 Stunden insgesamt, die ich wohl vernachlässigen werde, denn das machen die Kinder ohnehin nebenbei. Bleiben für den Rest, also Mathe, Deutsch, Sachkunde, Englisch 22 Stunden pro Woche zu 45 Minuten. Das auf unsere Reisezeit hochgerechnet sind wir bei insgesamt etwa 80 Stunden Schule. Hui, ganz schön viel. Machen wir jeden Tag Unterricht, müssten wir täglich zwar nur 1,5 Stunden unterrichten. Aber wir haben natürlich auch Tage dazwischen, an denen wir zu einem neuen Ort fahren oder schlicht auch mal keine Lust haben. Also peile ich mal 2-3 Stunden für jeden Unterrichtstag an plus Englisch.

Unterrichtsmaterial

Das Schöne an den Materialien, die die Kids heute in der Schule haben, ist, dass sie selbständig bearbeitbar sind. Was die für coole Hefte haben. Ich höre mich jetzt zwar an wie meine Oma, aber ehrlich – solche Hefte, in denen alles vierfarbig ist und mit hübschen, motivierenden Bildchen versehen ist, abwechslungsreiche Aufgaben gestellt werden und jeder nach seinem eigenen Tempo arbeiten kann – das wäre doch was gewesen, als ich Kind war. Aber machen wir uns nichts vor: Die Kinder heute haben genauso viel oder wenig Lust auf Schule wie wir früher, bunte Hefte hin oder her.

Aber zumindest für meine Vorbereitung vereinfachen diese Materialien das Homeschooling sehr. Ich muss nur die Hefte mitnehmen plus blanko Schreib- und Mathehefte, das wars. Natürlich kommt dann auch noch der eigene Ehrgeiz durch und ich bestelle ein tolles Buchpaket beim Arena-Verlag. Besonders das Buch „Afrika – Ein Kontinent im Wandel“ von Ludger Schadomsky ist sehr zu empfehlen, wenn man einmal die Geschichte des Kontinents in verständlicher Sprache und kurzen historischen Abrissen erfahren möchte sowie die aktuellen Themen, die die Menschen hier bewegen, dargestellt haben möchte. Auch für Erwachsene als Einstieg absolut lesenswert!

Wie kann man die Kinder von der Schule befreien?

Aber zurück zum Thema und vielleicht noch einen Schritt weiter zurück, denn euch interessiert wahrscheinlich erst einmal, wie wir es überhaupt geschafft haben, 2 Monate während der Schulzeit mit den Kids zu verreisen. Wir leben in Berlin, insofern sollten alle, die in anderen Bundesländern leben, noch einmal nachschauen, ob es bei ihnen andere Regelungen gibt.

Grundsätzlich gibt es drei Gründe, warum man einen Antrag stellen kann, sein Kind aus der Schule zu nehmen: berufliche Gründe, familiäre Gründe und religiöse Gründe. Letztere fiel bei uns aus, berufliche und familiäre Gründe kamen schon eher infrage. Zum ersten Mal haben wir den Antrag vor 2 Jahren gestellt, als ich einen meiner Reiseführer für Kinder über Südafrika machen wollte. Damit waren die beruflichen Gründe schon einmal gegeben. Der zweite Grund, warum wir es für erstrebenswert hielten, nach Südafrika zu reisen, waren familiäre Aspekte: Da mein Mann in dem Land aufgewachsen ist, gab es noch einige Verbindungen. Wir trugen unser Anliegen zunächst den beiden Klassenlehrern unserer Kinder vor. Diese reagierten positiv und sprachen mit der Schulleitung. Diese war ebenso positiv, gab uns den Antrag mit, den wir auszufüllen hatten, ein recht formloser Einseiter. Dazu schrieben wir allerdings noch einen zweiseitigen Brief, indem wir darlegten, warum wir ausgerechnet nach Afrika reisen wollten, was wir den Kindern dort nahebringen wollten und wie unsere Verbindungen nach Südafrika sind. Und so wurde unser Antrag genehmigt, mit dem Hinweis, dass dies nur für dieses eine Mal gelten würde.

Beim zweiten Mal, 2 Jahre später, wusste die Schule schon, warum wir nach Afrika reisen und stand dem Vorhaben wieder positiv gegenüber. Warum? Weil sie der Meinung sind, dass Kinder auf einer solchen Reise viel lernen. Und weil sie es befürworten, wenn Familien die Möglichkeit haben, viel Zeit miteinander zu verbringen. Wir sind natürlich begeistert von dieser Einstellung und möchten diese Freiheit, die uns gegeben ist, keinesfalls ausnutzen. Daher heißt es: Schule machen, damit die Kinder keine Nachteile haben, wenn sie wieder in die Klasse zurückkommen und die Lehrer nicht denken, wir hätten nur im Pool rumgehangen.

Der Selbsttest: Homeschooling in der Praxis

Und wie läuft es nun mit dem Homeschooling? Ich muss sagen, es gibt gute und schlechte Tage. An den guten Tagen haben die Kinder Lust, quengeln nicht rum, ich bin motiviert und erkläre gern. An den schlechten Tagen ist jede Zeile schreiben ein Kampf, gibt es Tränen und Gemecker und meine Nerven liegen blank. Ich würde sagen, wir haben 20% gute, 20% schlechte und 60% mittlere Tage, an denen ich erst mal mit Schokolade locken oder mit Schokoladenentzug drohen, den ersten Streit schlichten und die erste Motzattacke augenrollend ignorieren muss, bis es dann doch geht und die Kids einigermaßen mitmachen.

Beste Unterrichtszeit

Meine Erfahrung ist, dass die Kinder am besten morgens nach dem Frühstück oder am späten Nachmittag lernen können, wobei sie am Nachmittag schon deutlich unkonzentrierter sind. Die heiße Mittagszeit versuchen wir zu vermeiden. Manchmal geht es aber auch nicht anders: Wenn es so heiß ist, dass nur morgens und abends Aktivitäten möglich sind, und man die Möglichkeit hat, sich am Mittag irgendwo in den Schatten zurückzuziehen, geht das auch, ist aber nicht optimal.

Inhalte

Die Inhalte haben wir von der Schule vorgegeben bekommen. Für die Viertklässlerin ist das schon ein ganz schönes Pensum, aber machbar, für den Drittklässler ist es überschaubar. Hier konnte ich eher darauf schauen, wo noch Lücken sind und versuchen, diese zu schließen, indem ich die entsprechenden Übungen ausgewählt habe.

Ich bin so vorgegangen, dass ich mir den Stoff zunächst einmal grob angeschaut habe. In den meisten Fällen muss man nicht chronologisch vorgehen, man kann in den Heften auch springen, denn die Themen bauen nur in manchen Fällen aufeinander auf. So habe ich die wichtigsten Dinge zuerst durchgenommen, also die, auf die die Lehrer besonders hingewiesen haben, das Pflichtprogramm. Dann kommen die Dinge, die zwar gemacht werden müssen, aber bei denen es nicht so wichtig ist, dass wir sie abgeschlossen haben.

An einem Schultag haben wir einen relativ festen Ablauf. Bei uns ist es die Regel, dass die Kinder immer den Abwasch vom Frühstück machen. Das gibt mir ein paar Minuten Zeit, um die Hefte herauszuholen, die die Kinder für den Unterricht brauchen und mir einen Überblick zu verschaffen, was heute ansteht. Wenn sie dann wiederkommen, kann es direkt losgehen, ohne dass Zeit mit Heft rausholen und Stifte suchen vergeudet wird, bei der schon der erste Streit entstehen kann. Ich versuche, den Kindern Aufgaben zu geben, die nur für ein Kind rede- und erklärintensiv sind. Wenn das Gerede das andere Kind stört, suchen wir uns verschiedene Orte, um zu arbeiten. Meist reicht es ja schon, die Stühle ein wenig weiter wegzustellen und dort die Aufgabe mit dem einen Kind zu besprechen. Danach kann es wieder an den Tisch zurückkommen und ruhiger weiterarbeiten.

Ganz nebenbei?

Anfangs dachte ich, ich könnte nebenbei etwas für mich machen. Ich habe mir einiges an Arbeit mit auf die Reise genommen und war der Meinung, ich könnte diese tun, während die Kinder ihre Schularbeiten machen. Ich kann nur sagen: No way! Das funktioniert gar nicht. Die Kinder unterbrechen mich ständig im Arbeitsfluss, weil sie Fragen haben oder mit einer Aufgabe fertig sind und auf die nächste warten oder aber sie bearbeiten die Aufgabe völlig falsch, weil ich nicht aufgepasst habe. Am besten und konfliktfreisten funktioniert bei uns Homeschooling, wenn ich mich die gesamte Zeit neben die Kinder setze und für sie da bin. Alles andere funktioniert bei uns nicht.

Das Schwierigste am Homeschooling ist allerdings die neue Rolle, die ich einnehmen muss. Sonst Mama und eher dafür da, mir die Sorgen und Nöte anzuhören, die die Kinder beschäftigen, wenn sie nach Hause kommen, bin ich nun ggf. der Auslöser solcher Nöte, denn sie offenbaren mir ja, was sie schon können und was eben auch nicht. Das ist nicht einfach für die Kids, und ich versuche, sie so oft wie möglich zu loben. Aber ich bin trotzdem auch streng und lasse mir nicht auf der Nase herumtanzen, denn das können sie ja auch perfekt: Sie wissen genau, was sie tun müssen, um mein Herz zu erweichen oder mir auf die Nerven zu gehen, damit ich nachgebe. Allerdings kann ich mich auch ganz gut hinter dem Satz verstecken: Das hat uns euer Lehrer mitgegeben, das müssen wir machen. Und das zieht eigentlich immer ganz gut.

Mein Fazit

Homeschooling ist echt nicht einfach und ich warne jeden, der denkt, dass die Kinder das völlig allein ohne Unterstützung hinkriegen. Es geht auf keinen Fall nebenbei. Außerdem sollte man ein wenig Spaß daran haben, denn es ist für mich auch nicht immer leicht, mich dazu zu motivieren – schließlich würde ich auch lieber mein Buch lesen oder in der Hängematte schaukeln. Wenn man es aber bei der Planung der Reise berücksichtigt und auch vor Ort bedenkt, dass es Zeit und Geduld erfordert, einen ruhigen Platz braucht und nicht zwischen Tür und Angel funktioniert, dann geht Homeschooling auf jeden Fall – besonders mit den schönen Schulmaterialien, die es gibt.