Geheimtipp Haida Gwaii
Vancouver Island ist der Klassiker, wenn man in Kanadas Westen reist. Nur dachten wir: Vancouver: Großstadt mit Hund und Kindern – haben wir da wirklich Lust drauf? Durch Zufall entdeckten wir vor unserer Tour in einem kanadischen Magazin die Inselgruppe Haida Gwaii. Sie wurde als Geheimtipp und das Hawaii Kanadas bezeichnet. Das machte uns neugierig. Und so beschlossen wir, nach 5.000 Kilometern, die wir bereits zwischen Ontario und dem Pazifik hinter uns hatten, zwölf Tage Pause vom Reisen auf der Nordinsel zu verbringen – der Süden ist Naturschutzgebiet und nur unter bestimmten Auflagen für Touristen zugänglich.
Um ehrlich zu sein haben wir uns vorher nicht großartig eingelesen, sondern hatten einfach die romantische Vorstellung eines Urlaubs auf einer Pazifikinsel im Kopf. Klar, wir wussten, dass die Hälfte der etwa 5.000 Einwohner der First Nations-Gruppe Haida angehört und wir etwas über deren Kultur erfahren würden. Aber über das Klima beispielsweise haben wir uns nicht viele Gedanken gemacht. Erst viel später haben wir gemerkt, dass wir mit unserem Zeltanhänger wahnsinnig Glück hatten, einen außergewöhnlich trockenen Sommer auf der Insel erwischt zu haben. Denn normalerweise regnet es hier auch in den Sommermonaten sehr viel.
Verwunschene Wälder und peitschende Wellen
Die Anreise mit der Fähre von Prince Rupert kann recht schunkelig sein. Sie dauert etwa sieben Stunden und wer einen empfindlichen Magen hat, sollte sich Reisekaugummis einstecken. Rund 80 Kilometer vom kanadischen Festland entfernt – für uns war es der westlichste Punkt unserer Reise und kam uns daher ein wenig vor wie das Ende der Welt. Ein nebliges, geheimnisvolles Ende, von dem wir zuerst den Hafenort Skidegate entdeckten. Unser Campingplatz lag jedoch weiter im Norden, in Masset. Der Weg dorthin führte uns die meiste Zeit am Pazifik entlang. Die Kinder waren sofort begeistert von Haida Gwaii, den verwunschenen Wäldern mit den dicken, moosbehangenen Bäumen und den peitschenden Wellen des Ozeans. Mir fiel gleich auf, dass die Architektur hier unaufgeregt und die Schilder zu lokalen Händlern liebevoll gearbeitet waren. Keine Leuchtreklame von Tim Hortons, sondern Läden und Restaurants mit Seelen.
Krabbenfangen gehört dazu
Apropos Seelen: So einen liebevoll geführten Campingplatz wie das „Hidden Island RV and Campground“ von Deborah und Brian haben wir auch noch nicht erlebt. Die beiden sind schon allein deshalb das Herz des Campingplatzes, weil ihr Holzhäuschen dies bereits architektonisch bildet: Umringt von 16 kreisförmig angelegten Stellplätzen, die allesamt groß und von hohen Bäumen umgeben sind. Wer hier einen Platz ergattert, gesellt sich zu Kanadiern, die zum Angeln und Krabbenfangen nach Haida Gwaii kommen und ihren Sommer hier verbringen. Neben ihrem Camper haben sie ihr eigenes Boot und eine große Gefriertruhe dabei, um ihren Fang Tausende Kilometer nach Hause zu transportieren.
Auf Haida Gwaii haben wir die Freundlichkeit der Kanadier noch deutlicher erfahren als anderswo. Brian und Deborah haben uns kostenlos die Ausrüstung zum Krabbenfangen zur Verfügung gestellt. Lediglich die Lizenz mussten wir erwerben und standen dann wenig später mit Gummihose und Regenjacke an einem kilometerlangen, menschenleeren Strand, mit den Füßen im Pazifik und fischten tatsächlich ein paar Riesenkrabben aus dem Meer, während der Hund mutig einen Weißkopfseeadler vertrieb.
Kunst und Totempfähle
Auf Haida Gwaii entdeckten wir großartige Urwälder und tauchten in die Kultur und Sagenwelt der Haida ein. In der Nähe des Hafenortes Skidegate liegt das Kulturzentrum der Haida, das in jedem Fall einen Besuch wert ist. Traurig ist hier vor allem, wie die weißen Kanadier die Haida unterdrückten und ihrer Kultur beraubten. Ihre eigene Sprache war fast ausgestorben, wird aber heute wieder gelehrt. Besonders schön ist die Kunst der Haida, die man auch an vielen Stellen auf der Insel erwerben kann.
Die Pazifikstrände sind eindeutig das Highlight auf Haida Gwaii. Aber auch im Inselinneren gibt es eine Menge zu entdecken. Wir haben uns zum Beispiel Standup-Paddelboards gemietet und sind auf dem Pure Lake gepaddelt. Die schönste Erinnerung, die die Kinder mitgenommen haben, waren Fundstücke aus der Natur: die Feder eines Weißkopfseeadlers und unendlich viele Steine, die sie stundenlang am Strand gesucht und gefunden haben.
Von Carolin Jenkner-Kruel
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