Mittagspause am Wasserfall
Campen in Kanada – die schönste Art, das Land zu entdecken von „Kanada for kids“-Autorin Carolin Jenkner-Kruel.
Unterwegs sein. So lange fahren, bis wir an einem schönen Ort sind. So lange bleiben, wie es uns dort gefällt. Kurz: Reisen in Freiheit. Das war unsere Vorstellung von Camping in Kanada. Wir hatten Zeit, uns darauf vorzubereiten. Als wir Ende Dezember 2017 in unser Zuhause auf Zeit in den Grey Highlands in Ontario zogen, wussten wir, dass die Kinder 11 Wochen Sommerferien haben würden. Genug Zeit, um an die Westküste und wieder zurück zu fahren.
Nur wie? Sicher sind die meisten deutschen Touristen mit gemieteten Wohnmobilen unterwegs. Eine absolut sinnvolle Variante, aber für uns Auswanderer auf Zeit war eine andere Lösung besser. Ein Auto für den Alltag brauchten wir ja ohnehin. Wir kauften uns einen Dodge Grand Caravan, die typisch nordamerikanische Familienkutsche, mit genug Platz für uns fünf plus Hund.
Für unser Camping-Abenteuer entschieden wir uns für die nordamerikanische Lösung eines „Pop-up-Trailers“. Das ist eine Art Anhänger mit festem Dach zum Hochkurbeln, links und rechts klappt man Zeltstoff aus und erhält zwei Schlafkojen. Über eine Internetanzeige fanden wir ein gebrauchtes Exemplar, Baujahr 1984, für 900 Dollar. Unser Traum in braun-beige stand nun vor der Tür und mein Mann beschäftigte sich die kommenden Wochen und Monate damit, die Küche auszubauen, den Zeltstoff zu flicken und mehr Stauraum zu schaffen.
Der Pop-Up-Trailer war für zehn Wochen unser Schneckenhaus auf Rädern, das uns aber nur zum Schlafen und als Kleiderschrank diente. Mein Mann tischlerte ein Regal für den Kofferraum des Dodge, in dem ein Gaskocher und alle Küchenutensilien Platz fanden. Und so machten wir uns Mitte Juni 2018 auf den Weg ins große Abenteuer.
Der führte uns ganz klassisch auf den Trans-Canada-Highway – die Bundesstraße, die von Ost nach West (oder umgekehrt natürlich) führt und einem nach wenigen Tagen klarmacht, dass man hier wirklich im zweitgrößten Land der Welt unterwegs ist. Über eine Woche haben wir allein gebraucht, um aus der Provinz Ontario herauszukommen. Wobei das jetzt auch nicht so eilig war: Wir haben unsere Freiheit wie geplant genossen, hatten nichts vorgebucht, sind aber auch mal zwei Nächte geblieben, wenn es uns in einem Park besonders gut gefiel.
Apropos Park: In Kanada gibt es zwei Arten von Campingplätzen: öffentliche und private. Die öffentlichen Campingplätze liegen meist in einem National- oder Provinzpark. Ihre Stellplätze sind in der Regel sehr groß und oft von einer Hecke eingerahmt, sodass man viel Privatsphäre hat. Mit 20 bis 50 Dollar pro Nacht waren sie sehr günstig, aber auch nicht immer gut ausgestattet. Manchmal findet man nur Plumpsklo, Brunnen und Brennholz vor, andere haben gut ausgestattete Waschhäuser, Infozentren und Cafés. Die privaten Campingplätze waren meist teurer, hatten kleinere Stellplätze, aber oft mehr Infrastruktur.
Wenn ich meine Familie frage, sind wir uns alle einig, dass wir die schönsten Erlebnisse auf den öffentlichen Campingplätzen hatten. Vielleicht, weil sie einfach naturnäher waren? Wir werden jedenfalls nicht vergessen, wie wir in Dawson City am Yukon River immer in die Touristeninformation gehen mussten, um Trinkwasser zu holen. Und wie wir dort an einem Augustmorgen bei einem Grad Celsius ein Feuer gemacht und Bratkartoffeln gefrühstückt haben, während auf dem Yukon River das Horn des Raddampfers tönte.
Natürlich auch nicht, wie wir an einem Fluss gecampt und beim Frühstück Pelikane beobachtet haben oder dass wir auf einem anderen Campingplatz im Yukon frischen Bärenkot neben unserem Stellplatz gefunden haben. Es ist unmöglich, die Erlebnisse von neuneinhalb Wochen in einem Blogartikel zusammenzufassen. Aber gemeinsam mischen sich die Erinnerungen zu einem Gefühlsmosaik aus Abenteuerlust, Freiheit und Glück, das in mir noch heute eine tiefe Dankbarkeit auslöst.
Vorgebucht hatten wir übrigens lediglich die Campingplätze in den Rocky Mountains und auf der Pazifikinsel Haida Gwaii. Das ist auch unbedingt notwendig, denn in den beliebten Nationalparks Banff und Jasper ist es in der Hochsaison oft ausgebucht.
Außerhalb der Touristenhochburgen ist das spontane Reisen und Buchen aber möglich – und ganz wunderbar! Unabhängig reisen und eine spontane Mittagspause am Wasserfall oder Strand einzulegen, kommt dem Gefühl von Freiheit sehr nah. Das ganze Land ist auf Camping-Urlaub ausgerichtet. So bekommt man auch überall die nötige Ausstattung, wenn einem etwas fehlt. Und freundlich und hilfsbereit sind die Kanadier ohnehin, das spürt man auch beim Unterwegssein.
Campen in Kanada ist eine völlig unkomplizierte Art, zu reisen und das Land kennenzulernen. Sie macht einen ehrfürchtig vor der gigantischen Natur, die immer stärker ist als wir. Uns haben nachts nur der Zeltstoff und das Plastikdach von ihr getrennt, immer wehte ein leises Lüftchen, und meistens haben wir geschlafen wie die Murmeltiere. Nur in der letzten Nacht nicht. Da wollten wir uns etwas Gutes tun und haben uns ein Hotelzimmer genommen. So als Abschluss. Ganz schlechte Idee. Klimaanlagenluft und weiche Betten waren wir einfach nicht mehr gewohnt.
Tipp: Nahezu jeder kanadische Campingplatz, egal ob staatlich oder privat, verfügt über einen Holztisch und Bänke auf jedem Stellplatz. Wir haben immer eine abwischbare Tischdecke dabei gehabt – das war ein Tipp von kanadischen Freunden, der sich bewährt hat.
Kinderradio-Reporterin Kristina Hafer hat die Familie nach ihrer Rückkehr zu ihrem Jahr in Kanada befragt. Hier kannst du den Beitrag nachhören.
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